Alexis Malefakis
Sprechende Trommeln in Westafrika imitieren den Rhythmus und die Melodie gesprochener Sprachen. Yorùbá in Südwestnigeria und Ashanti-Twi in Ghana zum Beispiel sind tonale Sprachen. In einer tonalen Sprache bestimmt die relative Tonhöhe einer Silbe die Bedeutung eines Wortes.

Foto © Völkerkundemuseum der Universität Zürich (Kathrin Leuenberger) 2019
Die Yorùbá-Sprache unterscheidet drei Tonhöhen, die in der Schriftsprache durch diakritische Zeichen auf den jeweiligen Vokalen angezeigt werden: dò ist die tiefste, re die mittlere, und mí die höchste. Der Vokal „a“ kann also drei unterschiedliche Tonhöhen haben. Bei vielen Wörtern verändert sich die Bedeutung grundlegend, wenn sich die Tonhöhe einer Silbe verändert. Das Wort bàtà (also beide Vokale tief gesprochen, dò dò) bedeutet „Schuh“. Das Wort bàtá (also der erste Vokal tief, der zweite hoch gesprochen, dò mí) bezeichnet eine spezielle Art von Trommel.
Die Bàtá-Trommeln der Yorùbá können Sprache imitieren und werden benutzt, um Sprichwörter zu zitieren, Würdenträger zu preisen oder um Botschaften zu verkünden. Bàtá-Trommeln haben zwei Trommelfelle. Das grössere wird mit der Hand geschlagen und erzeugt einen tiefen Ton. Das kleinere Trommelfell wird mit einem Schlegel gespielt, der ursprünglich aus Tierhaut bestand. Heute jedoch wird der Schlegel oft durch ein Plastikstück ersetzt, zum Beispiel durch ein Stück vom Henkel eines Plastikeimers. Der hohe und durchdringende Ton des kleinen Fells kontrastiert mit dem Bass des grösseren Fells.
Video: © Völkerkundemuseum der Universität Zürich 2018.
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Da die Yorùbá-Sprache drei Tonhöhen unterscheidet, ist es auf Bàtá-Trommeln mit nur zwei unterschiedlichen Tonhöhen schwierig, Sprache zu imitieren. Um einen dritten, mittleren Ton zu erzeugen, verwenden Trommler unterschiedliche Schlagtechniken, wie offene und gedämpfte Anschläge, oder gleichzeitiges Anschlagen beider Trommelfelle.
In jüngerer Zeit verwenden Trommler häufig kleinere Omele-Trommeln, die in «Omele Mẹ́ta» genannten Dreiersets gespielt werden. Durch die drei unterschiedlichen Tonhöhen können sie die Tonalität von Yorùbá gut imitieren. Im Video zeigen Kolajo Mufutau Ayinde and Onaolapo Morufu Ayangbeni aus Ibadan, wie man auf Omele Mẹ́taeinen Zählreim spielt.
Ení bí Ení | Eins wie eins |
Èjì bí Èjì | Zwei wie zwei |
Ẹ̀ta n tà agbá | Drei um den Handel zu machen |
Ẹ̀rin wọ̀rọ̀kọ́ | Vier trugen und hängten die Wörter auf |
Àrún n gùn ódó | Fünf um in den Mörser zu stossen |
Èfà ti èlè | Sechs von ele |
Bí róhun bí ro | Wenn du etwas siehst, sieh etwas |
Èro bàtá | Die Melodie der Bàtá |
Mo gbálákẹ̀sán | Ich höre den neunten |
Gbangba lẹ̀wá | Zehn ist offenbar |
Solche Reime dienen im Unterricht von Trommelschülern dazu, das Sprechen auf Bàtá-Trommeln zu vermitteln.
Ein Atumpan Trommelgedicht, gespielt von der Asante Cultural Troupe 1993 in Asante, Ghana
© Ethnologisches Museum / Staatliche Museen zu Berlin 2011. Mit freundlicher Genehmigung des Ethnologischen Museums Berlin / Andreas Meyer.
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Auch die Atumpan-Trommeln der Ashanti werden in Paaren gespielt und können die Tonalität der Sprache nachahmen. In einem Trommelensemble werden die Atumpan von weiteren Instrumenten begleitet. Apentemma und Petia sind etwas kleinere Trommeln, die gemeinsam mit Glocken wie Dawuro einen konstanten und ineinander verzahnten Rhythmus spielen. Die Atumpan nehmen häufig die Rolle der Meistertrommel ein. Sie leiten das Ensemble, markieren Einsätze und Wechsel, und solieren über den Rhythmus, wobei sie Sprichwörter rezitieren, Würdenträger im Publikum preisen oder mit den Tänzern interagieren.
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Header-Bild: Foto © Völkerkundemuseum der Universität Zürich 2018
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